Die vorliegende 2010 an der Universität Heidelberg angenommene Dissertation beschäftigt sich mit dem Leben und der Herrschaft des Heinrich von Braunschweig. In einer Einleitung skizziert die A. die Forschungssituation, ausgehend von dem durch die Forschung
De Heinrico betitelten, lateinisch-deutschen Mischgedicht zu einem Treffen zwischen Heinrich und seinem Bruder Kaiser Otto IV., das erstmals von J.G. von Eccard 1720 unter dem Titel
Fragmentum poematis in laudem Henrici comitis palatini ad Rhenum anno MCCIX decantati ab anonymo Lotharingo (Cambridge, University Library, Gg. 5.35: «Cambridger Liedersammlung») herausgegeben wurde. Das erste Kapitel zeigt die verwandtschaftliche Verhältnisse Heinrichs auf, verortet diese in der welfischen Genealogie und beschreibt die beiden von Heinrich aus unterschiedlichen Motiven eingegangenen Ehen. Besonders fokussiert hierbei die Vf. Heinrich als Sohn Heinrichs des Löwen und Mathildes von England, als Bruder König bzw. Kaiser Ottos IV. und als Onkel des ersten Herzogs von Braunschweig (-Lüneburg), nämlich Ottos d. Kind (Sohn Wilhelms von Lüneburg und Helena von Dänemark), und als Ehemann der Agnes von Staufen (? 1204; mit der er den früh [1214] verstorbenen Sohn und die beiden Töchter Irmengard und Agnes hatte) sowie der Agnes von Landsberg. Nicht unberücksichtigt bleiben Heinrichs wechselvolles Verhältnis zu seinem Bruder Otto und seine Rolle während des deutschen Thronstreits (nach anfänglicher Unterstützung wechselte Heinrich auf die Seite Philipps von Schwaben bis zu dessen Tod, um dann wieder Ottos Thronansprüche zu verfechten und schließlich dessen Erbe zu werden). Ein eigener Abschnitt wird Heinrich als Schwiegervater des Markgrafen Hermann I von Baden (Heirat mit Irmengard) und des Otto II. von Wittelsbach (Heirat mit Agnes) gewidmet. Unter dem Titel «Bilder und Inszenierungen fürstlichen Ranges» (S. 137) untersucht die A. zum einen die Bedeutung der Pfalzgrafschaft bei Rhein sowie die Titulatur, Siegel und (Reichs-) Ämter Heinrichs und zum anderen die unterschiedlichen Bilder, die von den Zeitgenossen über Heinrich propagiert wurden. Insoweit erfahren Heinrichs Rolle bei der Belagerung der Kreuzfahrerburg Toron und bei der Entstehung einiger volkssprachiger Werke (wie des deutschen «Lucidarius», des Eilhart von Oberg oder des Bligger von Steinach) besondere Erwähnung, abgesehen einmal von der Diskreditierung Heinrichs in der lateinischen Version des mittelhochdeutschen «Herzog Ernst»-Stoffes, dem
Ernestus des Odo von Magdeburg. Daran anschließend geht die Vf. ausführlich auf die Herrschaftsausübung Heinrichs in der Pfalzgrafschaft bei Rhein sowie in Sachsen ein. Ausgehend von dem Verzicht Heinrichs auf die Trierer Stadtvogtei wird für die Pfalzgrafschaft das besondere Verhältnis Heinrichs zu den Zisterziensern beleuchtet, was anhand des Zisterzienserklosters Schönau im Odenwald (das als Grablege und Memorialort für die Pfalzgrafen diente) und den ausschließlich Zisterzienserklöstern gewährten Privilegien (wie Bebenhausen, Bronnbach, Herrenalb oder Himmerod) belegt wird. Für Sachsen beschreibt die Vf. die welfischen Besitzungen sowie insb. die Beziehung Heinrichs zu den dortigen Bischöfen und den religiösen Einrichtungen wie in Braunschweig den Stiften St. Blasius und St. Cyriacus sowie dem Benediktinerkloster St. Aegidien. Hierbei werden auch die Zisterzienserklöster Riddagshausen, Mariental und Loccum, das Benediktinerkloster Homburg, das Benediktiner(-innen-)kloster Osterholz oder das Kollegiatstift St. Alexandri in Einbeck erwähnt. Einige abschließende und zusammenfassende Bemerkungen runden die Untersuchung ab. Abbildungen, ein Quellen- und Literaturverzeichnis sowie ein Register erschließen Band, der quellenmäßig u.a. auf der Auswertung der
Annales Stederburgenses des Propstes Gerhard von Steterburg, der
Chronica Slavorum des Arnold von Lübeck, des
Chronicon des Gislebert von Mons, der
Chronica regia Coloniensis, der
Annales Marbacenses, der
Historia rerum Anglicarum des Wilhelm von Newburgh, der
Chronica des Roger von Howden, der «Braunschweiger Reimchronik», des
Chronicon des Burchard von Ursberg, der
Annales Stadenses des Albert von Stade, der
Narratio de testamento et morte Ottonis IV. (verfasst wohl von Abt Friedrich von Walkenried) und der Weingartener Fortsetzung der Chronik des Honorius Augustodunensis (
Hugonis et Honorii chronicorum continuationes Weingartenses) basiert. (Michael Bachmann)
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